Welternährung: Gib der Wissenschaft eine Chance!

Die weltweite Ernährungsversorgung hat zuletzt unterschiedliche Rückschläge hinnehmen müssen. Da ist zum Einen die bedrohliche Situation am globalen Weizenmarkt durch den Angriffskrieg des Putin-Regimes [1]. Ein weiteres Beispiel, wenn auch nicht ganz so medial präsent, sind forcierte Eingriffe in die Landwirtschaft hin zu ineffizientem Ökolandbau. So verschieden sie auch sind, können beide zu Hunger und Wirtschaftskrisen führen.

Während Putin sich als ein unberechenbarer, am Menschenwohl desinteressierter Kriegsverbrecher zeigt, der sich nicht von seinen Plänen abbringen lässt, haben wir auf unseren lokalen Ackerbau, aber ebenso auf unsere Importe durchaus Einfluss.
 
Durch den Krieg bleiben in der Ukraine und in Russland Ernten und Exporte aus. Wichtige Infrastruktur der Landwirtschaft in der Ukraine wird von Russland blockiert oder gezielt zerstört. Es ist absehbar, dass es weltweit zu teils dramatischen Engpässen kommen wird. Bereits jetzt sind die Preise für viele Agrarprodukte wie Weizen, Soja und Düngemittel deutlich gestiegen.


Auf der anderen Seite zeigt sich gerade in den wohlhabenden deutschsprachigen Regionen ein starker Trend zu ineffizienterem Ökolandbau, inklusive der Vermeidung von Pestiziden und Kunstdünger. Ebenso hatte diese Vorstellung von besonders „natürlicher“ Landwirtschaft im Inselstaat Sri Lanka Anklang gefunden und führte dort zu einem starken Versorgungsengpass.
Die Regierung hatte dort per Gesetz komplett auf Bio umgestellt. Im letzten November waren die Einbußen bereits so stark, dass zurückgerudert wurde und die Einfuhrstopps von Kunstdünger und Pestizide wieder abgeschafft wurden [2]. Doch die Krise war zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr aufzuhalten.
 
Nicht nur Hunger und eine wirtschaftliche Krise waren die Folge, sondern mittlerweile auch schwere politische Unruhen mit Aufständen, Rücktritten von Politikern, ausuferndem Vandalismus und Toten [3]. Mittlerweile steht der Staatsbankrott unmittelbar bevor.
 
Droht uns in Deutschland etwas Vergleichbares? Natürlich nicht in dieser Dimension, aber es wurden falsche Weichen gestellt. Das deutsche Landwirtschaftsministerium ist seit der Regierungsübernahme durch die Ampel in Händen der Grünen. Progressive Wähler, die bei einem pragmatischen Politiker wie Cem Özdemir als Minister noch auf einen vernünftigen Kurs hofften, wurden bereits nach kurzer Zeit enttäuscht: Die Pläne sind klar formuliert und deuten auf eine signifikante Reduzierung der Leistungsfähigkeit des deutschen Agrarbereichs hin [5]. Die Ökolandwirtschaftsflächen sollen von Stand jetzt 10 % auf 30 % bis 2030 ausgeweitet werden. Dies sieht der Koalitionsvertrag vor. Darüber hinaus sollen ab dem Jahr 2023 bereits 4 % der Agrarflächen permanent stillgelegt werden.
 
Ökolandbau ist zum Teil deutlich ineffizienter als konventionelle Landwirtschaft. Das Ausmaß der Ertragsreduktion schwankt stark zwischen den verschiedenen Anbausorten und hängt zudem noch davon ab, wie viel Dünger verwendet wird. [6]
In Summe bedeuten die geplanten Maßnahmen eine starke Einschränkung der Lebensmittelproduktion in Deutschland und erhöhten Importbedarf. Tatsächlich sind wir bereits jetzt auf Importe angewiesen: Die Außenhandelsbilanz für Landwirtschaftserzeugnisse ist negativ. Dies gilt nicht nur finanziell, sondern auch, wenn man die reinen Mengen betrachtet [7]. Wir leben bereits von Flächen außerhalb Deutschlands, die für unsere Ernährung indirekt genutzt werden. 

Zunehmende Ineffizienz in der Landwirtschaft verschärft die Knappheit und wird steigende Preise weiter befeuern. Eine Hungersnot droht hier deshalb nicht, aber soziale Verwerfungen und generelle Wohlstandseinbußen sind die möglichen Folgen. Noch gravierender ist jedoch, dass wir dadurch die Fähigkeit einbüßen, anderen Ländern zu helfen. Dort, wo tatsächlich Menschen verhungern, ohne dass es in unserer Gesellschaft wahrgenommen wird.

Hungersnöte gab es schon vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine: In Afghanistan, in Sri Lanka, Äthiopien und in weiteren Ländern. Durch die russische Invasion der Ukraine sind Hungersnöte in weiten Teilen Afrikas im Grunde unabwendbar. Der Weizen und damit die Grundnahrungsversorgung vieler Länder wird dabei von Russland gezielt als geopolitisches Druckmittel bzw. gar als Waffe verwendet. So wie einige europäische Länder von russischen Energieimporten abhängig wurden, sind für viele afrikanische Länder Importe russischen Weizens regelrecht überlebensnotwendig. Mehr Unterstützung aus Deutschland wäre möglich, doch dafür müsste sich die deutsche Politik und Gesellschaft von ihren romantischen und unrealistischen Vorstellungen von Landwirtschaft verabschieden. 
 
In Deutschland werden Kunstdünger, Pestizide und Gentechnik im Durchschnitt stärker abgelehnt als in den meisten anderen Ländern. Der Gedanke, dass dies automatisch für das Klima gut sei, ist falsch [8]. Der Verzicht darauf bedingt einen größeren Flächenverbrauch für den gleichen Ertrag, zudem müssen die Felder zum Beispiel stärker gepflügt werden.
 
Der reine Ökoanbau ist ein Luxus – die Menschheit  kann ihn sich aber angesichts weltweiter Hungersnöte nicht leisten. Wir leben in einem reichen Land, nur daher konnte sich Deutschland für sich selbst einen überdurchschnittlich hohen Anteil an ökologischen Landwirtschaftsflächen erlauben.
 
Deutschland muss auch bei diesem Thema realistischere und verantwortungsbewusstere Entscheidungen treffen. Zu lange wurden unreflektiert die Behauptungen aus dem esoterischen Spektrum der Landwirtschaft übernommen. Es ist Zeit, im 21. Jahrhundert anzukommen, so wie die meisten anderen Länder es auch bereits sind. Die Herausforderungen unserer Zeit werden wir weder mit Träumereien noch mit Esoterik bewältigen.

Ein großer Faktor ist auch der über die letzten 70 Jahre stark gestiegene Pro-Kopf-Konsum von Fleisch, vor allem in wohlhabenderen Ländern. Vereinzelt ist dieser zwar in manchen Ländern leicht rückläufig, doch die Gesamtfleischproduktion weltweit steigt ungebrochen an. Für die dafür notwendige Massentierhaltung werden große Mengen Tierfutter angebaut und geerntet, vielfach auch aus Brasilien und anderen Ländern importiert. Maßnahmen zur Reduktion des Fleischverzehrs sowie zur Substitution durch Ersatzprodukte, z.B. Laborfleisch, müssen ebenfalls noch stärker gefördert und vorangetrieben werden, um sowohl globalen Hunger zu stillen als auch das Klima zu schonen. In einer fortschrittlichen Welt können die Flächen, die für Landwirtschaft genutzt werden, nachhaltig intensiviert werden. Ein Vorteil, der sich aus dieser effizienten Nutzung ergibt, ist die Möglichkeit, dafür andere Flächen komplett unberührt und der Natur überlassen zu können. Ebenso muss Landwirtschaft auch in die Städte einkehren und z. B. in Hochhäusern genutzt werden. Fläche ist ein entscheidender Faktor für die Umwelt, ebenso für das Klima. Eine moderne Landwirtschaft, die den Fortschritt zu nutzen weiß, kann für alle Lebewesen des Planeten ein echter Gewinn sein und bestmögliche Bedingungen bieten.


Unsere Quellen:

[1] https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/weizen-preis-ukraine-krieg-russland-100.html
 
[2] https://www.sn.at/wirtschaft/welt/sri-lanka-verwirft-plaene-zu-bio-anbau-112825654

[3] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/sri-lanka-notstand-proteste-lebenshaltungskosten-100.html


[4] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/ausgangssperre-in-sri-lanka-mindestens-sechs-tote-bei-unruhen,T5QV1iv

[5] https://www.merkur.de/wirtschaft/das-bringt-die-lebensmittel-ampel-fuer-verbraucher-und-bauern-zr-91139905.html

[6] https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/biogetreide-markt-bleibt-nische-trotz-hoher-preise-58906

[7] https://www.wochenblatt-dlv.de/maerkte/lebensmittel-deutschland-nettoimporteur-563055

[8] https://www.tagesspiegel.de/wissen/bio-ist-nicht-immer-besser-oeko-landwirtschaft-bringt-dem-klima-wenig/25143376.html